Krankheitsspezifische Besonderheiten

Die nachfolgende Zusammenfassung zeigt typische Themen und Fragestellungen bei einzelnen Krankheiten in palliativer Situation auf.

ALS

  • Mögliche Rückzugstendenz durch Husten, Speichelfluss, verlängerte Mahlzeitendauer (Unfähigkeit, das Schlucken auszulösen, pharyngeale Schwäche, Fremdkörpergefühl), Appetitlosigkeit, Mangelernährung, Katabolismus
  • Degenerative Veränderungen der orofazialen Strukturen, Kiefer, Zahnfleisch, Zahnprobleme (mangelnder Lippenschluss, gesteigerter Würgereflex), Atrophie Kaumuskulatur
  • Vorsicht bei übenden Verfahren, isolierte Kraftübungen haben eine unklare Auswirkung auf den weiteren Muskelabbau
  • Funktionserleichterungen innerhalb der Esssituation bevorzugen, z. B. Zahnreinigung mit der Zunge, Ess- und Trinkhilfen (Becher, Besteck, höhenverstellbares Mobiliar), Konsistenzmodifikation, Haltungsanpassungen etc.
  • PEG-Einlage rechtzeitig besprechen (ohne Verzicht auf perorale Ernährung): zur Entlastung, Lebensverlängerung und Vermeidung von Komplikationen. Einlage, solange noch genügend respiratorische Funktion (Vitalkapazität) vorhanden und BMI nicht zu tief
  • Speichelmanagement: Sialorrhoe und Drooling durch Gesichtsmuskelschwäche und reduzierte Schluckfähigkeit. Medikamentöse Beeinflussung der Sialorrhoe, bei zähem Speichel befeuchtende Massnahmen, Hustenunterstützung
  • Atmung: Atemmuskulatur betroffen, verminderte Belüftung unterer Lungenabschnitte, nicht Sauerstoffmangel (keinen dauerhaften O2-Zusatz anbieten -->vermindert Atemantrieb). Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit. Atemtherapie durchführen. Nächtliche nicht-invasive Beatmung (NIV) gegen die CO2-Anreicherung. Mögliche medikamentöse Unterstützung gegen Dyspnoe im ärztlichen Kontakt besprechen
  • Sekretmanagement: Dehnlagerungen, Befeuchtung der Atemwege, Cough Assist etc. Wichtige Entscheidungen wie Beatmung und Tracheotomie rechtzeitig besprechen

MS

  • Dysphagie v. a. bei Nichtmehrfussgängern und in fortgeschrittenen Stadien
  • Teils kompensatorische Strategien möglich
  • Essbegleitung bei Tremor und Spastizität

Kopf-/Hals-Tumoren

  • Auswirkungen von Operationen und kurz- und langfristigen Bestrahlungsfolgen (Fibrose, Neuropathien, Ödeme, Mukositis, Xerostomie, Trismus)
  • Schlucktherapie schon vor der Behandlung beginnen (pharyngealer Tonus, Bewegungsausmass, Präzision, Muskelelastizität, Mobilität)
  • Therapieziele: Besserer oraler Transport, pharyngeale Reinigung, Schutz der Luftwege, verminderte Aspirationstendenz

Ösophageale Tumoren

  • Dilatation und weitere chirurgische Massnahmen
  • konservative Therapien haben wenig Einfluss
  • Kostanpassung und Verhaltensanpassungen wie Verwendung von zusätzlicher Sauce, aufrechte Haltung zur Schwerkraftnutzung

Parkinson und verwandte Krankheiten

  • Langsame Entwicklung über Jahre
  • Beratung für Familienangehörige
  • Orale, pharyngeale und oesophageale Schluckphase betroffen, quergestreifte (dopaminerg kontrollierte) und glatte Muskulatur (autonom kontrollierte)
  • Orale Phase durch Rigidität beeinträchtigt – kleine, ineffektive Zungenbewegungen, schlechter Bolustransport, Drooling und Sialorrhoe, reduzierte Kontrolle der oralen Sekretion, reduzierte Schluckfrequenz
  • pharyngeale Phase verzögert, eingeschränkte oropharyngeale und laryngeale Sensibilität, schwacher Hustenstoss
  • Inkomplette Relaxation des oberen Oesophagussphinkters, oesophageale Dysmotilität
  • kaum Daten, dass künstliche Ernährung und Hydration bei Parkinson Gewinn bringen würden.