Eindicken von Flüssigkeiten

Was leisten Eindickpulver?

  • Eindickungspulver sind sowohl für kalte als auch warme Getränke, hochkalorische Drinks, Suppen oder pürierte Speisen geeignet
  • Durch das Eindicken nimmt die Fliessgeschwindigkeit der Flüssigkeiten oder Speisen ab.   
  • Menschen mit einer Dysphagie erhalten dadurch mehr Zeit den Bolus sicher/aspirationsfrei zu schlucken und können ihn im Mundraum leichter kontrollieren.

Bilder: Xanthan-basiertes Eindickpulver von Nestlé ist als 125 g oder 900 g Dose oder als Schachtel mit Sachets erhältlich.

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ärztliche Verordnung für Kostenübernahme durch Krankenkasse
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Was zeichnet die moderne Generation von Eindickmittel aus?

  • Das Pulver ist geschmacksneutral.
  • Es trübt Getränke nicht, sie bleiben klar. 
  • Es dickt nicht nennenswert nach.
  • Es behält die Konsistenz, auch wenn der Patient das eingedickte Getränk lange im Mund hält und mit Speichel mischt (Amylaseresistenz).
  • Es sind verschiedene Stufen von Eindicken möglich z.B. IDDSI 1, 2, 3, 4 (mehr Infos zur internationalen Konsistenznomenklatur hier)

Das Video zeigt die Dosierung und Anwendung des Produktes ThickenUP® clear analog zu den IDDSI-Stufen


Ist der Einsatz von Eindickpulvern evidenzbasiert?

Der Einsatz von Eindickpulvern ist eine sehr einfache und kostengünstige Art der Behandlung einer Dysphagie. Aus diesem Grund hat es sich zu einer der am häufigsten verschriebenen Massnahme für Dysphagiepatienten entwickelt. 

In der Praxis erhalten leider viele Patienten oder Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen Eindickpulver, ohne dass die Notwendigkeit und die nötige Menge an Eindickpulver differenziert geklärt wurde. 

Der Einsatz sollte jedoch wie alle anderen therapeutischen Massnahmen nach einer sorgfältigen individuell durchgeführten klinischen und wenn immer möglich bildgebenden Diagnostik erfolgen.

 

 

WICHTIG: 

  • Viel (Pulver) hilft nicht immer viel - daher individuelle Dosierung beachten!
  • Unbedingt auch weitere therapeutische Möglichkeiten wie beispielsweise Haltungsänderungen anbieten!

Was spricht für den Einsatz von Eindickmitteln?

  • Eine Review von Steele, die 488 Forschungsarbeiten zusammentrug, zeigte auf, dass eingedickte Flüssigkeiten, die Aspirationsgefahr reduzieren (Steele et al., 2015)
  • Volle Verfügbarkeit von Wasser für  den Körper: Eingedickte Flüssigkeiten oder Suppen stellen dem Körper die gleiche Flüssigkeitsmenge zur Verfügung wie unangedickte Getränke und Speisen (Cichero 2013).
  • Ein Experiment mit Kaninchen zeigte eine gute Verträglichkeit von auf Xanthan basierenden Eindickpulvern. Dabei wurde an 3 konsekutiven Tagen entweder Wasser, Wasser mit Xanthan-Eindickpulver oder Wasser mit Maisstärke in die Trachea der Tiere geträufelt. In der Gruppe mit reinem Wasser oder Xanthan-Produkten überlebten alle Tiere, während in der Gruppe des mit Maisstärke eingedickten Wassers nur 12.5 % überlebten (Domer, 2014)

Was sollen Anwender im Auge behalten?

  • Durch Eindickmittel kann zwar die Aspirationsgefahr reduziert werden,  dicke Flüssigkeiten  erhöhen jedoch das Risiko für postdeglutitive Residuen (Steele et al., 2015). 
  • Die tägliche Flüssigkeitsmenge, wie eine Untersuchung bei Schlaganfall-Opfern aufzeigt, ist geringer, wenn angedickte Flüssigkeiten angeboten werden. Patienten trinken signifikant mehr, wenn uneingedicktes Wasser erlaubt ist (Mc Grail, 2015).
  • Eine Diskussion im British medical journal kommt zum Schluss, dass keine ausreichende Evidenz vorliegt, dass eingedickte Flüssigkeiten Pneumonien reduzieren (O’Keeffe, 2018)
  • Patienten ziehen natürlicherweise dickere Flüssigkeiten wie z.B. Smoothies oder Fruchtsäfte eingedickten Getränken vor. So konnte Gerschke nachweisen, dass  schluckgesunde Senioren naturdicke Getränke signifikant besser bewerteten als angedickte Getränke (Gerschke, 2015)
  • Unter den dysphagischen Patienten, die eingedickte Getränke verschrieben haben, herrscht eine hohe Prävalenz für Dehydratation (Panther 2005 und Mc Grail, 2015).
  • Eingedickte Getränke können einen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Medikamenten (insbesondere Tabletten) haben (Cichero, 2013).
  • Patienten beurteilen subjektiv das Löschen des Durstgefühls besser mit uneingedickten Flüssigkeiten und beschreiben eine Geschmacksveränderung bei Verwendung von Eindickpulver (Cichero, 2013)
Open access - Artikel von Cichero (2013)
Open access - Artikel von Cichero (2013)

Literatur

 

Cichero, Julie A. Y. 2013. 'Thickening agents used for dysphagia management: effect on bioavailability of water, medication and feelings of satiety', Nutrition Journal, 12: 54-54.

Domer, A., B. Adams, R. Traslavina, E. K.  Plowman, M. Kuhn, and P. C. Belafsky. 2014. "Effects of aspirated thickened water on pulmonary health and survival in a lagomorph model." In Dysphagia Research society annual meeting 2014. Tennessee.

Gerschke, M. 2015. 'Konsistenzadaption bei Dysphagie, Eine Pilotstudie zur Akzeptanz nektarartig angedickter und naturdicker Getränke bei älteren Menschen', Forum Logopädie, 29: 24-28.

McGrail, A., and L. Kelchner. 2015. 'Barriers to oral fluid intake: beyond thickened liquids', J Neurosci Nurs, 47: 58-63.

O’Keeffe, S. T. (2018). 'Use of modified diets to prevent aspiration in oropharyngeal dysphagia: is current practice justified?' BMC Geriatrics 18(1): 167.

Panther, Kathy. 2005. 'The Frazier free water protocol', Perspectives on Swallowing and Swallowing Disorders (Dysphagia), 14: 4-9.

Steele, C. M., W. A. Alsanei, S. Ayanikalath, C. E. Barbon, J. Chen, J. A. Cichero, K. Coutts, R. O. Dantas, J. Duivestein, L. Giosa, B. Hanson, P. Lam, C. Lecko, C. Leigh, A. Nagy, A. M. Namasivayam, W. V. Nascimento, I. Odendaal, C. H. Smith, and H. Wang. 2015. 'The influence of food texture and liquid consistency modification on swallowing physiology and function: a systematic review', Dysphagia, 30: 2-26.