Dysphagie in der Corona-Krise


Bilder von überfüllten Intensivstationen und intubierten Patienten flimmern täglich über den Bildschirm und füllen die Frontseiten der Tageszeitungen. Es werden rund um den Globus enorme Anstrengungen unternommen, um Beatmungsplätze zu schaffen und die Überlebenschance der Betroffenen zu steigern. 

Dass Intubationen, die sich über mehrere Tage hinziehen, die Schluckfunktion negativ beeinflussen, ist mittlerweile durch eine Vielzahl von Studien überzeugend belegt. Der über Pharynx und Larynx eingeführte Tubus kann nicht nur zu Druckschädigungen und Verletzungen im Bereich der Schluckstrukturen, sondern auch zu Sensibilitätseinschränkungen führen. In der Folge können Speichel, Nahrung oder Flüssigkeit in kleineren oder grösseren Mengen in die Atemwege fliessen, ohne dass die Betroffenen dies spüren. Diese sogenannt "stillen" Aspirationen (Verschlucken mit ausbleibendem Hustenstoss) sind ein gravierendes Risiko für pulmonale Komplikationen. Ohne sorgfältige professionelle Dysphagie-Diagnostik darf damit nach längerer Intubationszeit nicht mit der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme über den Mund begonnen werden. 

Intubierter Patient
Intubierter Patient

 

Intubationszeiten von mehreren Tagen vergrössern das Risiko für Aspirationen und damit für weitere Lungenentzündungen.

 


Tracheotomien werden bei den Covid-19-Patienten eher hinausgeschoben und zurückhaltend durchgeführt, da durch den künstlichen Atemweg die Tröpfchen-Verbreitung der Viren gefördert würde. Das bedeutet, dass mit längeren Intubationszeiten und damit tendenziell auch mit mehr und gravierenderen Dysphagien am Ende der Beatmungszeit (nach Extubation) gerechnet werden muss. 

tracheotomierter Patient
tracheotomierter Patient

 

Eine sorgfältige Dysphagie-Diagnostik, beginnend mit einem konsequenten Dysphagie-Screening, ist damit für die extubierten Patientinnen und Patienten unbedingt zu fordern. Es darf nicht sein, dass die Betroffenen mit grossem Aufwand an Personal, Infrastruktur und Kosten über die Beatmungszeit betreut, gepflegt und künstlich ernährt werden, nach der Extubation aber durch zu unvorsichtige Oralisierung (Wiederaufnahme des Essens und Trinkens) erneut pulmonal gefährdet werden. Dies gilt es umso mehr zu beachten, da die durch Covid-19 vorerkrankten Lungen unmittelbar nach der Extubation noch geschwächt und entsprechend anfälliger sein werden.

 

Eine Überprüfung der Schluckfunktion nach Extubation reduziert das Risiko von Komplikationen. 

 

Modell: Tracheotomie zur Beatmung
Modell: Tracheotomie zur Beatmung

Bei allen doch tracheotomierten Patientinnen und Patienten sollte selbstverständlich so früh wie möglich mit einem entsprechenden Trachealkanülen-Management begonnen werden, das Sprechen sowie die orale Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme nach entsprechenden Abklärungen zu initiieren. Selbstverständlich bedarf es dazu wegen der notwendigen Manipulationen an der Trachealkanüle höchste hygienische Vorsichtsmassnahmen. 


Es braucht in der Covid-19-Krise mehr denn je Dysphagie-Therapeutinnen und Therapeuten, die sich in den Kliniken dafür einsetzen, dass sowohl nach Extubationen wie auch nach Tracheotomien konsequent die Schlucksicherheit überprüft wird, um die Patientinnen und Patienten vor vermeidbaren Komplikationen zu schützen.  

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